Jahresrückblick 2013
Afrika Kulturinstiut e.V. & Panafrikanische Gesellschaft für Herz- und Thoraxchirurgie e.V. (PASCaTS)
Erfreulich zu vermerken ist die Tatsache, dass sich durch die im Jahr 2000 verkündeten Millennium Entwicklungsziele (MDGs) in all jenen Ländern Afrikas mit „good governance“ in Wirtschaft und im Gesundheitswesen signifikante Veränderungen eingestellt haben. So ist z.B. die Zahl der Mittelschichtangehörigen zwischen 1980 und 2012 von 126 auf 350 Millionen gestiegen (World Bank, African Development Bank 2013). Da die Weltbank-Prognosen jedoch von einem Bevölkerungszuwachs für Afrika von derzeit ca. 1.1 auf 2.2 Milliarden (2050) ausgehen, wird auch die Mittelschicht entsprechend ansteigen, und es werden sich die Lebensbedingungen verbessern. Doch damit wiederum ist eben auch eine Zunahme der durch den gestiegenen Lebensstandard ausgelösten Herz-Kreislauferkrankungen verbunden.
Nach Einschätzung der WHO werden die Herz-Kreislauferkrankungen (NCD) im Jahr 2030 nach AIDS/HIV (CD) der „Nr. 1- Killer“ in Afrika sein. Weltweit sind die Herz-Kreislauferkrankungen die führenden Todes- und Invaliditätsursachen. Schätzungsweise sterben daran derzeit jährlich über 20 Millionen Menschen. Im Jahr 2030 könnten es sogar 24 Millionen sein (WHO 2010). Diese zweifache Krankheitsbelastung (CD und NCD) inklusive Malaria und Tuberkulose ist deshalb eine Herausforderung für die Gesundheitsversorgung in den Entwicklungsländern. Dieses wiederum wirkt sich negativ auf die Arbeitskraft aus. Dadurch entsteht eine Herabminderung der Produktivität und der Wirtschaftsentwicklung. Somit entsteht schließlich der Teufelkreis der Armut.
Es ist eine beklagenswerte Tatsache, dass viele Kollegen/Kolleginnen in Sub-Sahara-Afrika nicht über ausreichende Möglichkeiten verfügen, sich qualifiziert aus- und fortzubilden. Daher ist das notwendige „know-how“ für die optimale medizinische und operative Versorgung der Herzkranken, insbesondere herzkranker Kinder, generell nicht ausreichend. Außerdem ist es infolge eines mangelhaften internationalen Wissensaustausches überaus schwer, die Erfahrungen, über die die Kollegen/Kolleginnen in Afrika in diesem komplexen Fachgebiet verfügen, einzuschätzen.
Aus den o.g. Gründen haben der World Health Summit (WHS) (Gründer: Prof. Dr. Detlev Ganten, Charité) und das Afrika Kulturinstitut e.V. ein Pan-African/WHS Global Forum ins Leben gerufen. Es fand zum ersten Mal am Samstag, dem 20. Oktober 2012 während des 4. World Health Summits statt. Das zweite Forum wurde am Mittwoch, dem 23. Oktober 2013 veranstaltet.
Wissenschaftliche Träger des Forums waren:
- Deutsches Herzzentrum Berlin,
- World Health Summit (WHS),
- Charité, Universitätsmedizin Berlin,
- Afrika-Kulturinstitut e.V., und
- Panafrikanische Gesellschaft für Herz- und Thoraxchirurgie e.V. (PASCaTS), Berlin.
Dieses fand im Rahmen des 5. World Health Summits in Berlin statt und stand unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (Deutschland), Präsident François Hollande (Frankreich) und Präsident José Manuel Barroso (Europäische Kommission).
Das zweite Pan-African/WHS Global Forum fand im Deutschen Herzzentrum Berlin, Augustenburger Platz 1, D-13353 Berlin, zum Thema "Challenges of cardio-thoracic surgery in the emerging economies" (Herausforderung der Herzchirurgie in den Entwicklungs- bzw. Schwellenländern) statt.
German-African Telemedicine Forum and Intercontinental Telemedicine Forum: Auch wurde das erste Pan-African/WHS Forum im Jahr 2012 im Rahmen einer Video-Telekonferenz in mehrere afrikanische Länder (Ethiopien, Ghana, Kenya und Tanzania) und die zweite Veranstaltung im Jahr 2013 zusätzlich nach China, Indien, Nigeria und Südamerika ausgestrahlt. In diesen Ländern leben ca. 4 Milliarden Menschen, von denen viele – und das ist von großer Bedeutung - durch die eingesetzte moderne Kommunikationstechnik mit der Veranstaltung in Berlin verbunden waren.
Erfreulich ist die Tatsache, dass es uns gelungen war, 300 Kollegen und Wissenschaftler aus Schwellenländern und aus Afrika, insbesondere aus Nigeria mit einer Einwohnerzahl von ca. 170 Millionen, die Teilnahme an diesem pan-afrikanischen Forum im Rahmen des World Health Summits zu ermöglichen. Nigeria hat z.Zt. keine funktionierende herzchirurgische Kapazität. Sie fangen jetzt an (2013), ihre ehemaligen z.Zt. maroden Herzabteilungen zu reaktivieren. Die o.g. Information war ein Bestandteil des Studienberichtes der PASCaTS, die bei der 27. Jahrestagung der European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) am 7. Oktober 2013 in Wien und bei dem Pan-African/World Health Summit Forum am 23. Oktober in Berlin vorgestellt wurde.
Ausmaß und Kapazität der chirurgischen Versorgung herzkranker Patienten in Sub-Sahara-Afrika
Hintergrund
Die Sub-Sahara Afrika hat nach der Bevölkerungszahl von 860 Millionen (ges. Afrika, 1.1 Milliarden) zu wenig funktionierende herzchirurgische Kapazität. Die Entwicklung der Herzchirurgie in Sub-Sahara Afrika geht nicht voran, weil die Unterstützung durch Politik und Eliten des Kontinents fehlt. Auch werden die Budgets vieler afrikanischer Staaten von den Industrieländern subventioniert und kontrolliert, wodurch eine Abzweigung von Mitteln für die so wichtige, aber eben auch kostspielige Herzchirurgie undenkbar ist.
Da lokale private Initiativen zur Förderung des Fachgebietes Herzchirurgie kaum vorhanden sind, fehlt es – von wenigen Ausnahmen wie Südafrika, Ghana und Kenya einmal abgesehen – auch an der Unterstützung mittelloser Herzkranker. Daraus erklärt sich nicht zuletzt auch der Tod vieler Herzkranker und vor allem unzähliger Kinder mit angeborenen Herzfehlern.
Studienbericht der Pan-African Society for Cardio-Thoracic Surgery (PASCaTS)
PASCaTS hat im Jahr 2012 eine Studie über das Ausmaß und die Kapazität der chirurgischen Versorgung herzkranker Patienten in Sub-Sahara-Afrika in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus dieser Region und Nordafrika durchgeführt. Der PASCaTS-Bericht analysiert die aktuellen Trends und Herausforderungen der herzchirurgischen Versorgung in Sub-Sahara-Afrika (SSA) für die nächsten 15-20 Jahre und gelangt zu folgendem Ergebnis:
- Das Hauptproblem in SSA ist eher mehr ein menschlicher als ein wirtschaftlicher Faktor.
- Gegenwärtig praktizieren 57 Herzchirurgen in Sub-Sahara-Afrika (1 Herzchirurg: 14.2 Millionen Einwohner) und davon stammen 44% aus westlichen Industrieländern. Die Berechnung erfolgte mit 808.8 Millionen Einwohnern (ohne Südafrika).
- Sie sind in 22 Krankenhäusern (1 Herzzentrum: 36.8 Millionen Einwohner) in verschiedenen sub-saharischen Regionen tätig.
- Sie versorgen eine Bevölkerung von 809 Mio. (ohne Südafrika)
- In den nächsten 10 Jahren werden ca. 1.7 – 2.6 Millionen Kinder eine dringende lebensrettende Herzoperation in Sub-Sahara-Afrika benötigen.
- SSA benötigt ca. 800 Herz- und Thoraxchirurgen, um die notwendige chirurgische Versorgung zu gewährleisten.
- Die Ausbildungszeit ist lang und dauert 6 Jahre nach der Approbation. Aufgrund dessen besteht ein akuter Versorgungsengpass in SSA. (Beispielsweise wird Nigeria in absehbarer Zeit ohne Einsatz von ausländlichen Chirurgen/Herzteams das Problem nicht lösen können. Demzufolge werden dort tausende Herzkranke täglich sterben!).
Ergebnisse der PASCaTS Studie 2012
Kapazität der chirurgischen Versorgung herzkranker Patienten in Sub-Sahara-Afrika
African CSs Population OHS OHS:million
regions (million)
North Africa* 84 103.1 10,500 11.3
Sub-Sahara Africa** 57 808.8 1,269 1.6
Total Africa 153 911.9 11,769 12.9
CSs: Cardiac surgeons (Herzchirurgen), OHS: Open Heart Surgery (Offene Herzchirurgie). Excluding (Ausgenommen) Egypt*, Sudan* and South Africa**
Der Schlüssel zur Nachhaltigkeit der Millennium Entwicklungsziele (MDGs)
Der Bericht identifiziert auch Schlüsselfaktoren, die zur Gestaltung internationaler Partnerschaft für die Entwicklung der Herz- und Thoraxchirurgie in SSA beitragen können. So sollte/muss das „capacity building program“ mit besserer Infrastruktur ausgestattet werden, um nachhaltig zur Verminderung der Sterblichkeit herzkranker Patienten, insbesondere von Kindern mit angeborenen und rheumatischen Herzerkrankungen, beizutragen.
Drei Schlüsselfaktoren untersuchte der PASCaTS-Bericht 2012 im Detail:
1. Regionalisierung der chirurgischen Versorgung herzkranker Patienten und staatliche Beteiligung an der Finanzierung der Infrastruktur von kardio-chirurgischen Programmen.
2. Förderung der Aus-, Weiter- und Fortbildungsprogramme zur präventiven Früherkennung und Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen.
3. Enge Kooperation mit internationalen Herzteams für die operative Versorgung und Nachsorge der herzkranken Patienten und Ausbildung der einheimischen Teams.
4 .Die einheimischen Kollegen kommen nach Deutschland zur Fortbildung in Zusammenarbeit mit deutschen Herzzentren, und die Weiterbildung sollte regelmäßig per Videokonferenz zusätzlich ergänzt werden. Die routineoperativen Segmente des Projektes führen dann die afrikanischen Kollegen (Diaspora) aus Europa and USA in Zusammenarbeit mit den einheimischen Kollegen durch. Die Diaspora werden, bevor Sie Ihre Einsätze antreten, nach Berlin kommen und sich "Teaching the Teachers and Leadership Courses" in Berlin unterziehen, um so für eine "Harmonisierung der operativen Techniken und des Managements" zu sorgen.
Konsequenzen aus diesen erschütternden Studienergebnissen
PASCaTS zieht aus der alarmierenden Kapazität der chirurgischen Versorgung herzkranker Patienten in Sub-Sahara-Afrika folgende Konsequenzen: 1. Sofortige Mitteilung der Ergebnisse an die Gesundheitsminister der afrikanischen Regierungen. 2. Eine Kampagne zur Mobilisierung der nigerianischen Kollegen in der Diaspora um aufmerksam auf ihre moralische Pflicht zur Lösung dieser Probleme zu machen. 3. Gemeinsame Gestaltung von intensiven Ausbildungsprogrammen im Lande und im Ausland. 4. Herzchirurgische Missionen nach Nigeria als Interimslösung zur Rettung herzkranker Kinder zu fördern.
Dieser Alarm hat Wirkung gezeigt. Demzufolge hat der Gesundheitsminister der Republik Nigeria anlässlich des Pan-African/WHS Global Forums im Deutschen Herzzentrum Berlin im Oktober 2013 Herzteams aus 3 Universitätskliniken gesandt, um sich zu informieren und fortzubilden und anschließend zur Beratung im Gesundheitsministerium zur Verfügung zu stehen. PASCaTS lädt die nigerianischen Kollegen in USA und Kanada zum Treffen im Rahmen des PASCaTS/AATS Global Forums in Kanada im April 2014 ein.
Zur Zeit erarbeitet PASCaTS ein Konzept über „Trainingsprogramme“ für Herzchirurgen, Kardiologen, Pflegepersonal und Kardiotechniker aus Nigeria. 1. Fortbildung der noch vorhandenen Herzteams, 2. Ausbildung der Nachwuchsherzteams.
Ich versuche, Ausbildungsplätze in verschiedenen Herzkliniken in Deutschland für dieses Programm zu gewinnen. Sobald die Finanzierung dieses Projektes von der nigerianischen Regierungsseite geklärt und gesichert ist, können die Programme anlaufen. Sechs Ausbildungsplätze habe ich bereits gesichert.
Das Afrika Kulturinstitut e.V. , die panafrikanische Gesellschaft für Herz- und Thoraxchirurgie (PASCaTS) und der Weltgesundheitsgipfel (The World Health Summit) möchten die deutsche und die Weltöffentlichkeit auf die drohende Epidemie der Herzkreislauferkrankungen und auf die mangelhafte Versorgungskapazität in den Entwicklungsländern aufmerksam machen und um Unterstützung bitten.
Prof. Dr. med. A. Charles Yankah
Vorsitzender,
Pan-African/WHS Global Forum
Präsident, Afrika Kulturinstitut e.V. und
Pan-African Society für Cardio-Thoracic Surgery (PASCaTS)
Afrika Kulturinstitut e.V.: Registration Nr.:22389NZ, Amtsgericht Charlottenburg
Pan-African Society for Cardio-Thoracic Surgery (PASCaTS) e.V.
Registration Nr.:VR 31103 B, Amtsgericht Charlottenburg
Tätigkeit 2013 auf einen Blick
- Transport eines gebrauchten Herzultraschallgerätes (Echo-Gerät) für eine Kinderklinik in Kumasi, Ghana,
- Medizinische Missionen in Afrika (Libyen, Ruanda),
- Internationale ärztliche Fortbildungen und eine
- Videotelekonferenz (Telemedizin) mit Kenya und Nigeria im Rahmen des 5. World Health Summits in Berlin im Jahre 2013.